Projektportfoliomanagement am Beispiel eines Telko-Unternehmens


Beim Projektportfoliomanagement (PPM) handelt es sich um die Verwaltung eines Portfolios aus Projekten, mit dem Ziel, die Unternehmensinvestition in Projekte zu optimieren. Dies erfolgt aus der strategischen Perspektive durch ein permanentes und zyklisches Planen, Beurteilen, Priorisieren, Steuern und Überwachen aller Projekte.

Definition und Überblick Projektportfoliomanagement

In der Planungsphase wird ermittelt, welche neuen Projekte das bestehende Projektportfolio ergänzen sollen bzw. durchgeführt werden müssen. Den Input hierfür erhält das Projektportfoliomanagement aus dem Anforderungsmanagement und dem Fachbereich in Form des Projektantrags (Aufwandsindikation). Ziel des Projektportfoliomanagements ist es, die Projekte eines Unternehmens gemäß den Zielvorgaben zu priorisieren. Für jedes Projekt müssen im Vorfeld klar definierte Kennzahlen ermittelt werden, z.B.:

  • Wirtschaftlichkeit (z.B. Kosten-/Nutzen-Faktor)
  • Strategische Ausrichtung (z.B. Grad der Unterstützung der Unternehmensstrategie / Masterplan)
  • Kurz-, mittel- und langfristiger Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg
  • Risikofaktor (z.B. Risiken, Wahrscheinlichkeit, Auswirkung)
  • Zeitfaktor (z.B. Dringlichkeit, Projektdauer)

Darüber hinaus müssen sogenannte Muss-Kriterien, wie z.B. gesetzliche Anforderungen oder unternehmerische Notwendigkeit in Betracht gezogen werden. Diese Kriterien werden konsolidiert und somit eine Einstufung der einzelnen Projekte ermöglicht. Anhand dieser Informationen werden die Projekte gegeneinander und gegenüber den verfügbaren Ressourcen (u.a. Mitarbeiter, Kompetenzen, Finanzmittel) abgewogen. Es wird ermittelt, welche

  • Projekte zweifelhaft sind,
  • Engpässe und Abhängigkeiten zwischen Projekten existieren und
  • Synergien und Nutzeneffekte realisiert werden können.

Hieraus ist abzuleiten, welche

  • Priorität das einzelne Projekt innerhalb des Projektportfolios hat,
  • Projekte durchgeführt werden sollen,
  • Projekte zurückgestellt oder verworfen werden und
  • laufende Projekte zu stoppen sind.

Bei abgeschlossenen Projekten wird abschließend geprüft, ob die erwarteten Ergebnisse eingetreten sind.

Projektportfoliomanagement am Projektbeispiel eines Telkommunikations-Unternehmens

Im vorliegenden Fall soll innerhalb eines Telko-Unternehmens das bestehende Projektportfoliomanagement optimiert und an die Bedürfnisse der Unternehmung angepasst werden. Hierzu wurde das Projekt in vier Phasen gegliedert:

  1. IST-Analyse
  2. Konzepterstellung
  3. Umsetzung
  4. Interner Launch

Auf die Phasen 1 und 2 wird im Folgenden näher eingegangen.

IST-Analyse

Im Zuge der IST-Analyse wurden sehr schnell die Schwachstellen des bestehenden Projektportfoliomanagements deutlich. Hier fiel insbesondere auf, dass die internen Prozessstrukturen nicht an die gängigen Projektportfolio-Richtlinien angepasst waren. Resultierend hieraus war die Akzeptanz der Mitarbeiter zur Nutzung und Ausführung der vorgeschriebenen Prozesse äußerst gering. Durch die fehlende Transparenz in den Bereichen Budget-Controlling und Reporting konnte darüber hinaus kein effizientes Tracking und Monitoring der Projekte innerhalb der Unternehmung sichergestellt werden. Die gelebten Prozesse sahen eher so aus, dass durch gute kollegiale Beziehungen oder das Überspringen von Freigabe-Richtlinien, Geldmittel direkt bei der Geschäftsführung beantragt werden konnten und somit eine Planungssicherheit nicht gewährleistet wurde.

Konzepterstellung

Hieraus ableitend mussten die Grundstrukturen des vorhandenen Projektportfoliomanagements aufgebrochen und neu definiert werden. Neben der Erstellung eines Phasenmodells, in dem die Budgets zu vorgeschriebenen Freigabe-Gates genehmigt werden, musste auch eine Definition der entsprechenden Rollen innerhalb des Projektportfolio-Managements erfolgen. So sollte den Mitarbeitern ein besseres Verständnis der Zuständigkeiten sowie der jeweiligen Aufgaben zu vermittelt werden. Sehr schnell war die Tatsache zu erkennen, dass lediglich durch Einschränkung der entsprechenden Rechte die Mitarbeiter zum Einhalten der vorgegebenen Prozesse angehalten werden konnten. Einzelne Projektphasen mussten einer neuen Definition unterzogen und mit entsprechenden Projektmanagement-Tools untermauert werden (z.B. Stakeholderanalyse zu Beginn eines Projekts, Abschlussbericht nach Beendigung des Projekts, etc.).

Der Unternehmung mangelte es an aussagekräftigen Standard-Templates, um eine zügige Projektbearbeitung und daraus ableitend ein effizientes Projektportfoliomanagement zu gewährleisten. Nachdem diese Templates definiert und erstellt wurden und auch der Business Case grundlegenden Neuerungen unterzogen wurde, musste eine verbindliche Nutzung von identifizierten Unterlagen festgelegt werden, ohne die ein Projekt nicht innerhalb des Projektportfolio-Systems bearbeitet werden kann.

Ein besonders schwieriger Punkt zeigte sich in der richtigen Priorisierung der einzelnen Projekte, da dieser Punkt bislang mehr nach Gutdünken der einzelnen Fachbereiche innerhalb des Unternehmens erfolgte. Zwar wurden KPIs wie NPV (Net Present Value) und PBP (Payback Period) im internen Controlling verwendet, jedoch für die Priorisierung oder Erstellung einer Roadmap nicht weiter berücksichtigt, da von den jeweiligen Projektleitern nicht im System hinterlegt. Es stellte sich die Frage, wie man unternehmensübergreifend eine Projektpriorisierung einführen könnte, die konform mit den Interessen und Vorgaben des Unternehmens ist. Das gewünschte Ziel lag hierbei in einer automatisierten Projekt-Priorisierung, aus der quartalsweise eine automatische Roadmap generiert werden kann. Auch sollten KPIs automatisch aus dem Business Case in das Projektportfolio-System übertragen werden, um manuelle Eingaben zu vermeiden und eine KPI-Mindestabdeckung je Projekt zu gewährleisten.

affinis-grafik-Prozesseffizienz und erhöhte Qualität von Projektkennzahlen
Abb 1.: Prozesseffizienz und erhöhte Qualität von Projektkennzahlen
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Die Projektpriorisierung gestaltet sich nicht nur für Telko-Unternehmen als äußerst schwieriger Baustein bei der Umsetzung eines Projektportfoliomanagements. Häufig werden wirtschaftlichen Kennzahlen wie NPV und PBP der Vortritt gelassen, jedoch andere wichtige Kennzahlen weniger beachtet. Hintergrund liegt hierbei in der schwierigen Klassifizierung anderer KPIs wie Umsetzbarkeit oder Strategie anhand von Kennzahlen. Es ist schwierig für Unternehmen, KPIs, wie z.B. Kundenzufriedenheit oder Kundentreue mit einem Wert zu hinterlegen. Als Lösung des Problems wurde ein Scoring-Modell mit drei Dimensionen entwickelt, welches nicht-monetäre KPIs miteinbezieht und die Projekte entsprechend einer berechneten Kennzahl priorisiert. Im Falle unseres Telko-Unternehmens wurden die folgenden Dimensionen definiert:

  • Finance

    • NPS (Net Promoter Score)
    • Total CAPEX (automatisierter Einbezug in Score-Ermittlung möglich)
  • Strategie

    • Unternehmensstrategie
    • Operational Excellence / Customer Excellence (Auswirkungen auf Kundenzufriedenheit)
  • Umsetzbarkeit

    • Komplexität
    • Zeitkritikalität

Durch die automatisierte Berechnung eines Scores können sich somit auch Projekte innerhalb einer Roadmap wiederfinden, die auf den ersten Blick vielleicht nicht allzu wichtig erscheinen, auf einen zweiten Blick jedoch für die Strategie des Unternehmens von immenser Bedeutung sind.

Fazit aus dem Projektbeispiel: Projektportfoliomanagement

Die zielgerichtete Einführung eines effektiven Projektportfoliomanagements stellt nicht nur Telkommunikations-Unternehmen vor eine große Herausforderung, da die richtige Priorisierung von Projekten eine entscheidende Weiche für die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens darstellt. So kann der Fokus auf lediglich monetär wichtige, jedoch strategisch unwichtige Projekte ein Unternehmen im Vergleich zu seiner Konkurrenz zurückwerfen. Der Aufwand, diese Versäumnisse im Nachhinein wieder auszugleichen ist immens hoch und es ist nicht garantiert, dass dies einem Unternehmen in der heutigen Schnelllebigkeit überhaupt gelingt.